Rettet Augsteins Geist vor Weltkrieg?

Das Verlagscredo des SPIEGEL-Gründers Rudolf Augstein: „Schreiben, was ist!“ scheint heute aus der Zeit gefallen. Jakob Augstein holte es bei „Maischberger“ gestern Abend mit eigenen Worten und der legendären Brillanz seines Ziehvaters in das aktuelle Weltgeschehen zurück. SPD-Mitglied Jakob Augstein gibt zu, gegen den Koalitionsvertrag – von wegen „der Russe steht praktisch vor der Tür, und Trump und alles…“ – gestimmt zu haben, und begründet:

„Wenn Sie Politik nur noch unter Bedingungen des Notstands machen, ja – jetzt Corona, jetzt müssen wir uns alle, und jetzt Ukrainekrieg, jetzt müssen wir, und jetzt dies und jenes – dann gibt es im Prinzip keine Politik mehr. Dann gibt es nur noch Alternativlosigkeit. Das ist das, was den Leuten so auf die Nerven geht, und ich habe überlegt, ist es gut für die SPD in diese Koalition zu gehen? Und ich finde: nein! Deshalb habe ich dagegen gestimmt.“

Das Sachbuch MEIN GOTTESSTAAT (S. 132) erinnert an die Anfänge dieser Notstandspolitik:
„So hatte man den ehemaligen Bundesvorsitzenden der SPD und 2014 amtierenden Vorsitzenden des Deutsch-Russischen-Forum für breiten gesellschaftlichen Dialog, Matthias Platzeck, gleich im Frühjahr 2014 als Erstes umzudrehen versucht, der ebenso wie der Rechtsphilosoph Reinhard Merkel und die langjährige Moskau-Korrespondentin sowie Journalismus-Professorin Krone-Schmalz an der Sezession auf der Krim zugunsten der Russischen Föderation partout nichts Völkerrechtswidriges erkannten, obwohl man ihnen doch über Monate schon die internationale Gleichschaltungsformel von der (völlig Fakten verdrehenden) „völkerrechtswidrigen Annexion“ erfolgreich eingebläut zu haben glaubte.“

Jakob Augstein stellte gestern Abend (Maischberger 19.05.2025) bezüglich Putin, deutschen Politikern und Journalisten klar:
„Es kommt drauf an, welche Lesart stimmt. Es gibt ja zwei Lesarten, warum dieser Krieg angefangen hat. Die eine ist, er ist ein verrückter Neoimperialist – das ist die, der hier 99 Prozent der Politiker und Journalisten glauben – die andere, der ich eher zuneigen würde ist, er hat es gemacht, weil ihm die NATO zu dicht auf den Pelz gerückt ist. Also er hat im Grunde ein realistisches politisches Ziel. Und wenn er von diesen Zielen, die er hat, möglichst viele verwirklichen kann, hört er auf zu kämpfen. Ich kann Ihnen das nicht sagen. Aber das sind die beiden Varianten.“